Der Beitrag setzt sich zum Ziel, das Phänomen der mehrsprachigen Lernenden-Grammatik beim Erlernen einer Tertiärsprache und insbesondere in der Konstellation Italienisch L1 – Englisch L2 – Deutsch L3 zu fokussieren. Unter ‚mehrsprachiger Lernenden-Grammatik‘ wird hier das System der grammatischen Beschreibungs- und Einordnungskategorien gemeint, das erwachsene Lernende (dank der bewussten Lernerfahrung der L2, die als kognitiver Faktor dient) sowohl aufgrund der L1 als auch der L2 zusammenstellen und auf die L3 übertragen. Angesichts der Relevanz von Sprachbewusstheit und Sprachlernbewusstheit in Bezug auf die Aneignung von Tertiärsprachen einerseits (vgl. z.B. Hufei-sen 2010), und der hohen Ähnlichkeit zwischen L2 und L3 unter einem kognitiven Gesichtspunkt an-dererseits (da in beiden Fällen im Gegensatz zur L1 die Sprachkenntnisse im deklarativen Wissen an-gesiedelt sind und deshalb mit expliziten ‚Regeln‘ verbunden sind; vgl. zu diesen Aspekten z.B. Paradis 2009), stellen sich solche von Lernenden eingesetzte grammatische Kategorien bereits als zentral heraus. Was passiert bei der Konstellation Italienisch L1 – Englisch L2 – Deutsch L3? Man dürfte wohl annehmen, dass die grammatischen Kategorien, die den Aneignungsprozess des Englischen L2 strukturiert haben, auch aufgrund der engen Verwandtschaft zwischen den beiden Sprachen auf das Deutsche L3 übertragen werden können, und somit den Lernprozess erleichtern (zur Kombination „Deutsch nach Englisch“ in diesem Sinne vgl. u.a. Hufeisen 1991, Hufeisen/Neuner 2003, Hufei-sen/Marx 2005, Lindemann 2009). Nicht selten – man denke nur an die Unterscheidung zwischen starken und schwachen Verben – funktioniert Tertiärsprachlichkeit genauso. Die Hypothese, die hier aufgestellt wird, besteht jedoch darin, dass der Transfer grammatischer Kategorien als deklarativen Wis-sens zwischen eng verwandten Englisch L2 und Deutsch L3 nicht als die einzige Chance von Tertiär-sprachlichkeit anzusehen ist, dass er sich dagegen u.U. sogar als hemmend auswirken kann. Mit an-deren Worten: Ein positiver Einfluss der L2 auf grammatische Beschreibung und Aneignung der L3 kann auch da vorausgesetzt werden, wo die bereits erlernte L2 (Englisch) nicht mit der eng verwandten L3 (Deutsch), sondern eher unerwartet mit der nicht eng verwandten L1 (Italienisch) Ähnlichkeiten aufweist, während die beiden zusammen (sowohl die nicht eng verwandte L1 als auch die eng ver-wandte L2) zur L3 im Gegensatz stehen. Man könnte diesen Fall als „Möglichkeit des verstärkten Kon-trastes“ bezeichnen (Bongo, im Druck). Zuweilen ist es sogar notwendig, einen verstärkten Kontrast zur Geltung zu bringen: Anhand einer kurzen Diskussion über die Besonderheiten der Bildung der Nomi-nalphrase im Deutschen und der dafür relevanten lexikalischen Klassen in Bezug auf das Italienische und auf das Englische soll dieser Tatbestand erläutert werden.

Mehrsprachige Lernenden-Grammatik. Chancen und Risiko des Transfers grammatischer Kategorien in der Konstellation Italienisch L1 – Englisch L2 – Deutsch L3 / Bongo, Giancarmine. - (2020). (Intervento presentato al convegno Multilingualism from various perspectives of applied linguistics/Wielojęzyczność z różnych perspektyw językoznawstwa stosowanego tenutosi a Institute of Research on Education and Communication/Instytut Badań nad Edukacją i Komunikacją, Silesian University of Technology/Politechnika Śląska - Gliwice (Polonia) nel 23-24/10/2020).

Mehrsprachige Lernenden-Grammatik. Chancen und Risiko des Transfers grammatischer Kategorien in der Konstellation Italienisch L1 – Englisch L2 – Deutsch L3

GIANCARMINE BONGO
2020

Abstract

Der Beitrag setzt sich zum Ziel, das Phänomen der mehrsprachigen Lernenden-Grammatik beim Erlernen einer Tertiärsprache und insbesondere in der Konstellation Italienisch L1 – Englisch L2 – Deutsch L3 zu fokussieren. Unter ‚mehrsprachiger Lernenden-Grammatik‘ wird hier das System der grammatischen Beschreibungs- und Einordnungskategorien gemeint, das erwachsene Lernende (dank der bewussten Lernerfahrung der L2, die als kognitiver Faktor dient) sowohl aufgrund der L1 als auch der L2 zusammenstellen und auf die L3 übertragen. Angesichts der Relevanz von Sprachbewusstheit und Sprachlernbewusstheit in Bezug auf die Aneignung von Tertiärsprachen einerseits (vgl. z.B. Hufei-sen 2010), und der hohen Ähnlichkeit zwischen L2 und L3 unter einem kognitiven Gesichtspunkt an-dererseits (da in beiden Fällen im Gegensatz zur L1 die Sprachkenntnisse im deklarativen Wissen an-gesiedelt sind und deshalb mit expliziten ‚Regeln‘ verbunden sind; vgl. zu diesen Aspekten z.B. Paradis 2009), stellen sich solche von Lernenden eingesetzte grammatische Kategorien bereits als zentral heraus. Was passiert bei der Konstellation Italienisch L1 – Englisch L2 – Deutsch L3? Man dürfte wohl annehmen, dass die grammatischen Kategorien, die den Aneignungsprozess des Englischen L2 strukturiert haben, auch aufgrund der engen Verwandtschaft zwischen den beiden Sprachen auf das Deutsche L3 übertragen werden können, und somit den Lernprozess erleichtern (zur Kombination „Deutsch nach Englisch“ in diesem Sinne vgl. u.a. Hufeisen 1991, Hufeisen/Neuner 2003, Hufei-sen/Marx 2005, Lindemann 2009). Nicht selten – man denke nur an die Unterscheidung zwischen starken und schwachen Verben – funktioniert Tertiärsprachlichkeit genauso. Die Hypothese, die hier aufgestellt wird, besteht jedoch darin, dass der Transfer grammatischer Kategorien als deklarativen Wis-sens zwischen eng verwandten Englisch L2 und Deutsch L3 nicht als die einzige Chance von Tertiär-sprachlichkeit anzusehen ist, dass er sich dagegen u.U. sogar als hemmend auswirken kann. Mit an-deren Worten: Ein positiver Einfluss der L2 auf grammatische Beschreibung und Aneignung der L3 kann auch da vorausgesetzt werden, wo die bereits erlernte L2 (Englisch) nicht mit der eng verwandten L3 (Deutsch), sondern eher unerwartet mit der nicht eng verwandten L1 (Italienisch) Ähnlichkeiten aufweist, während die beiden zusammen (sowohl die nicht eng verwandte L1 als auch die eng ver-wandte L2) zur L3 im Gegensatz stehen. Man könnte diesen Fall als „Möglichkeit des verstärkten Kon-trastes“ bezeichnen (Bongo, im Druck). Zuweilen ist es sogar notwendig, einen verstärkten Kontrast zur Geltung zu bringen: Anhand einer kurzen Diskussion über die Besonderheiten der Bildung der Nomi-nalphrase im Deutschen und der dafür relevanten lexikalischen Klassen in Bezug auf das Italienische und auf das Englische soll dieser Tatbestand erläutert werden.
2020
Mehrsprachige Lernenden-Grammatik. Chancen und Risiko des Transfers grammatischer Kategorien in der Konstellation Italienisch L1 – Englisch L2 – Deutsch L3 / Bongo, Giancarmine. - (2020). (Intervento presentato al convegno Multilingualism from various perspectives of applied linguistics/Wielojęzyczność z różnych perspektyw językoznawstwa stosowanego tenutosi a Institute of Research on Education and Communication/Instytut Badań nad Edukacją i Komunikacją, Silesian University of Technology/Politechnika Śląska - Gliwice (Polonia) nel 23-24/10/2020).
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Utilizza questo identificativo per citare o creare un link a questo documento: https://hdl.handle.net/11588/820544
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